Auswirkungen der aktuellen Zinslage auf den Immobilienmarkt
Herr Summerer, was muss man sich unter einem Immobiliencenter vorstellen?
Wir haben in der Abteilung alle Kompetenzen zum Thema Immobilien gebündelt.
8 Makler*, 13 Baufinanzierungsspezialisten*, 2 Bausparprofis* und 3 Assistenten* begleiten täglich viele Kundinnen und Kunden sowie Interessenten zu allen Themen „Rund um die Immobilie“.
Was mich in dem Zusammenhang sehr interessiert – die Zinsen sind doch extrem gestiegen – Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?
Der Zinsanstieg des ersten Halbjahres 2022 war wirklich außerordentlich und wir alle waren von der Schnelligkeit des Anstieges sehr überrascht.
Während am Jahresanfang noch Zinssätze für Baukredite mit 10-jähriger Zinsfestschreibung um 1 % vergeben wurden, waren wir in der Spitze bereits bei 3,5 %. Leider hat sich der Rückgang im Juli nicht dauerhaft durchgesetzt und wir verzeichnen erneut Zinssätze auf diesem Niveau.
Wichtig zu wissen ist, dass der genannte Zinssatz täglich schwankt und sich immer an der Pfandbriefrendite orientiert. Für die Finanzierungskondition ist zudem die Höhe des Eigenkapitals sowie die Bonität des Kunden entscheidend.
Was bedeutet das für die Kundinnen und Kunden der Sparkasse Oberland?
Historisch gesehen befinden wir uns immer noch auf einem sehr niedrigen Zinsniveau. Die Kosten für eine Immobilienfinanzierung haben sich trotzdem zum Jahresanfang mehr als verdreifacht.
Nachdem sich das Preisniveau auf dem Immobilienmarkt bisher kaum verändert hat, ist die Belastung einer möglichen Baufinanzierung nicht mehr so leicht tragbar. Deswegen mussten wir auch ab und an eine Anfrage ablehnen.
Weil Sie gerade den Immobilienmarkt ansprechen – Bedeutet die aktuelle Situation nicht das Ende der immer weiter steigenden Preise?
Das ist eine Frage, die nur eine komplexe Antwort zulässt – Ich versuche es mal.
Der Preis wird auch hier von Angebot und Nachfrage bestimmt.
Das höhere Zinsniveau schränkt den potenziellen Käuferkreis zunächst einmal ein. Der Wunsch nach einer eigenen Immobilie ist allerdings nach wie vor sehr hoch und unsere Region wächst auch in den nächsten Jahren (so die Prognosen) weiter.
Das bedeutet für mich, dass es kurzfristig eine Seitwärtsbewegung und eine leichte Korrektur geben kann. Mittel- bis langfristig ist nach meiner Meinung die Nachfrage nach Wohnimmobilien hoch. Wichtig dabei ist, dass das Zinsniveau sich weiter stabilisiert.
Auf der Angebotsseite wurde die Bautätigkeit durch Lieferengpässe und zunehmend unkalkulierbare Kosten stark beeinträchtigt. Der Großteil unserer Baufinanzierungen wird deshalb aktuell für bestehende Wohnungen und Häuser beantragt.
Betrachtet man nun die Angebots- und Nachfrageseite, so kann man von einem kurzen „Durchatmen“ sprechen, wenn es um steigende Immobilienpreise geht. Bereits mittelfristig wird sich der Aufwärtstrend nach meiner Meinung fortsetzen.
Herr Summerer – Was raten Sie den Kundinnen und Kunden unter diesen Rahmenbedingungen?
Das kommt auf das Ziel an – sprechen Sie von Kundinnen und Kunden, deren Ziel die eigenen 4-Wände sind oder von Kapitalanlegern im Immobilienbereich?
In erster Linie interessiert mich, wie Sie die Situation für potenzielle Eigenheimnutzer bewerten?
Wenn es irgendwie darstellbar ist, sollte meiner Meinung nach immer die eigene und selbst genutzte Immobilie angestrebt werden. Eine Altersabsicherung ohne die eigene Immobilie bleibt eine unsichere Angelegenheit, da sie ggf. den Mietaufwendungen „hinterher sparen“.
10% Eigenkapital und die Nebenkosten werden in vielen Fällen als Mindestvoraussetzung gesehen. Hier bietet sich sehr oft eine frühzeitige Zinsabsicherung über eine regelmäßige Ansparung eines z. B. Bausparvertrages an.
Die aktuellen Bedingungen basieren sehr oft noch auf dem historisch niedrigen Zinsniveau.
Die Entscheidung für die eigene Immobilie sollte in Ruhe und mit Bedacht getroffen werden. Stellen Sie sich vor, sie sparen sich mtl. € 100,– Kosten, sind aber mit ihrem Wohnumfeld über Jahre unglücklich.
Und eine Botschaft, die mir besonders wichtig ist und die Hoffnung verbreitet.
Seit Jahrzehnten berichten viele Finanzierungskunden, dass es am Anfang immer eng war und dann immer lockerer wurde. Die durchschnittliche Tilgungsdauer beträgt sehr oft nur ca. 20 Jahre. Der Grund ist die zurzeit wieder stärker im Bewusstsein verankerte Inflation.
Die Inflation hilft in vielen Fällen unseren Finanzierungskunden. Durch die steigenden Preise werden zeitverzögert auch die Löhne und Gehälter steigen. Die Baufinanzierung hingegen wird fast immer mit einer langfristigen Zinsbindung und somit einer fest kalkulierbaren Rate gewählt. Dieser Effekt erlaubt sehr oft Sondertilgungen und eine Reduzierung der Finanzierungslaufzeit.
Wie ist dann Ihre Meinung für Kapitalanleger?
Im Grunde genommen sehr ähnlich, wobei sich hier die Inflation auch auf die Mieten und somit auf die Ertragssituation des Anlegers positiv auswirkt.
Man spricht bei Immobilien, Rohstoffen und Aktien auch sehr oft von inflationsgeschützten Anlagen. Die Anlagewerte bewegen sich mittel- bis langfristig mit der Inflation nach oben.
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